Verpackungen der Zukunft: Was wird wichtig?

Experten beziehen Position beim Fachgespräch der Deutschen Umweltstiftung 

Mehr Nachhaltigkeit möglich machen – das ist eine zentrale Anforderung an Verpackungen der Zukunft. Darin waren sich Experten und mitdiskutierende Teilnehmer beim Fachgespräch der Deutschen Umweltstiftung Ende Juni einig. Über das Was und Wie gab es allerdings unterschiedliche Positionen. Eingeladen zu der digitalen Veranstaltung hatte die Deutsche Umweltstiftung in Kooperation mit dem Forum Ökologisch Verpacken (FÖV). Anlass für den fachlichen Austausch war ein Verbrauchergutachten zum Thema. In dem Papier, das im Rahmen eines mehrwöchigen Beteiligungsverfahrens im vergangenen Herbst entstanden ist, formulieren zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger ihre Zukunftsvisionen.

 

„Ich finde bemerkenswert, dass Kreislaufwirtschaft zu den wichtigsten Prioritäten der Verbraucher zählt. Konkret sprechen die Empfehlungen des Gutachtens von intelligenter Verbindung aus Recycling und – da wo es belegbare Vorteile bringt – auch Wiederverwendung der Verpackung. ‚Die‘ eine Verpackung der Zukunft gibt es danach nicht. Die pauschale Bevorzugung eines bestimmten Systems fällt damit aus“, sagte Dr. Oliver Wolfrum.

 

Seine Erkenntnis aus dem Verbrauchergutachten nahm der FÖV-Generalbevollmächtigte zum Anlass, vor fehlgeleiteter Regulierung zu warnen: „Die Wellpappenindustrie hat seit Jahrzehnten einen gut funktionierenden Stoffkreislauf etabliert. Wellpappenverpackungen werden zu 96 Prozent recycelt. Die aktuell von der EU-Kommission vorgelegten Pläne zu Mehrwegquoten für Versandverpackungen gefährden diesen Kreislauf.“ (siehe auch nachfolgenden Beitrag in diesem Newsletter).

 

Wie viel Regulierung soll es oder muss es aber sein? Die Autorinnen und Autoren des Gutachtens sehen durchaus die Politik in der Pflicht, Nachhaltigkeit durch entsprechende gesetzliche Vorgaben zu fördern. Der Vorsitzende des Umweltausschusses im Deutschen Bundestag, Harald Ebner, ist sich der Verantwortung der politischen Entscheidungsträger bewusst: „Auf den Verbraucher zu zeigen und zu sagen: ‚Du entscheidest‘, das halte ich für den falschen Weg.“ Politik muss einen funktionierenden Rahmen aus Regulierung, Anreizen und aussagekräftiger Kennzeichnung setzen, der umweltfreundlichere Verpackungslösungen wie Mehrwegsysteme konsequent fördert und attraktiv macht. Dann wird nachhaltiger Konsum der einfache Konsum sein.“ Partizipative Prozesse seien als Ergänzung und Format hilfreich, weil sie Verbraucherpositionen jenseits von Umfragen einbringen könnten. Dazu brauche es Repräsentation und transparente Information.

 

Dass die Grundlage für eine zielführende Rahmensetzung beim Thema Verpackung außerordentlich komplex ist, machte Dr. Frieder Rubik deutlich. Als Wissenschaftler beschäftigt er sich am Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) mit ökologischer Produktpolitik: „Man kann Verpackung nicht vom zu verpackenden Produkt trennen, sondern man muss sie im Zusammenhang sehen. Verpackung muss die Produktqualität bewahren, sie muss Nachhaltigkeitsanforderungen erfüllen, sie darf aber nicht zu hohe Kosten verursachen.“ Die Unternehmen müssten daher bei der Verpackungsoptimierung mögliche Zielkonflikte lösen. Zukunftskonzepte müssten die Perspektiven verschiedener Gruppen wie Wissenschaft, Politik, Handel und Verbraucher berücksichtigen.

 

Besonderes Augenmerk richtete Rubik auf den Aspekt regionaler Wertschöpfungsketten, sowohl bei Produkten als auch bei der Verpackungslogistik. Sie seien ein entscheidender Einflussfaktor auf dem Weg zur „Verpackungswende“ und damit zu ökologisch vorteilhafteren Verpackungen. Für Wolfrum war dieser Punkt ein willkommener Anlass auf die regionale Struktur der Wellpappenindustrie einzugehen: „Wellpappenhersteller beliefern ihre Kunden in der Regel in einem Radius von höchstens 200 Kilometern um die jeweilige Fabrik. Verbraucher recyceln ihre Versandkartons in der häuslichen Altpapiersammlung. In den Supermärkten kommen die gebrauchten Verpackungen in die Papierpresse auf dem Hof. Regionale Altpapierhändler sorgen schließlich dafür, dass der wertvolle Rohstoff der Papierindustrie für die Produktion Verfügung steht.“

 

Stellvertretend für die Autorinnen und Autoren des Verbrauchergutachtens zeigte sich Dr. Christin Löffler überzeugt, dass ein engerer Austausch zwischen Politik, Industrie, Handel und Verbrauchern den notwendigen Wandel zu nachhaltigem Verpacken voranbringt – eine Einschätzung, der sich die Experten anschlossen. Den durch das Verbrauchergutachten angestoßenen „wertschätzenden“ Dialog nahm der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Umweltstiftung zum Anlass, das Format weiterzuentwickeln. Jörg Sommer: „Unser Team ist dabei, weitere Verbrauchergutachten zu organisieren und lädt schon jetzt mögliche Partner dazu ein.“