Kreislaufmittel: Warum Wellpappe so wertvoll für den Papierkreislauf ist

Interview mit Ralf Nawarotzky, Geschäftsführer von Reconcept Peters


Altpapier ist ein besonderer Stoff – genauer: Rohstoff. Die Einsatzquote dieses Materials für die Herstellung unterschiedlicher Papierprodukte beträgt in Deutschland, Österreich und der Schweiz jeweils etwa 75 Prozent. Die in der Wellpappenindustrie verarbeiteten Papiersorten bestehen sogar zu durchschnittlich 80 Prozent aus dem Recyclingmaterial. Entsprechend wertvoll und gesucht ist Altpapier, das je nach Sorte und Marktlage auf den Rohstoffmärkten für bis zu 100 Euro pro Tonne gehandelt wird.

 

Verstärktes Interesse aus Wirtschaft und Politik erfährt der seit vielen Jahrzehnten reibungslos funktionierende Altpapierkreislauf im Zusammenhang mit der Forderung nach besserem Recycling von Verpackungsabfällen. Anders als Wellpappkartons, die nach Gebrauch nahezu vollständig wiederverwertet werden, hapert es in Sachen Recycling bei Kunststoffverpackungen erheblich. Ein Großteil von Shampooflaschen, Folien und Joghurtbechern wird nach wie vor verbrannt.

 

Hinter dem Wellpappenrecycling steht ein etabliertes System privater und gewerblicher Sammlung und eine Vielzahl von über ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz verteilten Papierherstellern, die den Weg des Rohstoffs zur Verarbeitung kurz und damit die Umwelteinflüsse gering halten. Die Redaktion des FÖV Newsletters hat bei Ralf Nawarotzky, dem Leiter des Remscheider Recyclingunternehmens Reconcept Peters nachgefragt, wie der Stoffkreislauf der Wellpappe funktioniert:

 

In Zeiten wachsender Sorgen über die Umweltauswirkungen von Verpackungsabfällen sehen Experten den Stoffkreislauf papierbasierter Verpackungen als Modell mit Zukunft. Was macht das Wellpappenrecycling so attraktiv?

Was den Recyclingprozess angeht, haben wir bei Verpackungsmaterialien auf Papierbasis schon optimale Lösungen erreicht. Das Material wird flächendeckend erfasst und dem Recycling zugeführt: Privathaushalte füllen Altpapiertonnen direkt am Haus oder bringen ihr Papier wie Zeitungen, Illustrierte und Kartonagen zu zentralen Sammelstellen. Wir holen dieses Material direkt bei den Haushalten ab und sortieren es dann nach verschiedenen Papiersorten als Grundlage für die Herstellung unterschiedlicher Sorten von Recyclingpapier.

 

Wie effizient ist im Vergleich dazu das Kunststoff-Recycling?

Auch Kunststoffe kann man getrennt erfassen und recyceln. Problematisch ist allerdings die Vielzahl unterschiedlicher Kunststoffsorten, die als Verpackungsmaterial verschiedene Funktionen erfüllen. Auch Materialverbünde wie etwa Folien mit Alubeschichtung erschweren den Recyclingprozess. Kunststoffmischungen oder Mischungen mit anderen Materialien ergeben kein sauber zu verarbeitendes Granulat. Entsprechend wird auch rund die Hälfte der eingesammelten Kunststoffe nicht stofflich, sondern „thermisch“ verwertet, also verbrannt. Beim Altpapier kennen wir diese Problematik nicht. Störstoffe werden beim Recyclingprozess einfach ausgefiltert.

 

Wie genau nehmen es Wirtschaft und Verbraucher denn mit dem Recycling von Zeitungen und Kartons?

Grundsätzlich beobachten wir eine sehr sorgfältige Sammlung. Von den Industriebetrieben bekommen wir in der Regel einwandfreies Material. Der Handel sammelt die Wellpappe-Transportverpackungen nach dem Auspacken der Ware und  presst sie in entsprechende Container – auch hier eine sortenreine Erfassung. Der Anteil sogenannter Fehlwürfe – also beispielsweise Folien, die nichts in der Altpapiertonne zu suchen haben – ist selbst in der verbrauchernahen Sammlung gering. Er liegt bei ein bis zwei Prozent.

 

Welchen Beitrag können Verbraucher leisten, damit das Recycling von Wellpappe noch besser funktioniert?

Bei Versandkartons aus Wellpappe kommt es darauf an, dass der in der Altpapiertonne bereitgestellte Raum optimal genutzt wird. Entsorgungsbetriebe haben deshalb schon Aufklärungsaktionen gestartet, damit die Schachteln zerkleinert oder flach zusammengelegt und nicht aufgerichtet in der Tonne landen. Auch der Verband der Wellpappen-Industrie wendet sich aktuell mit der Kampagne „Mach’s flach!“ an die Öffentlichkeit.

 

Der Anteil von Wellpappenverpackungen an der Gesamtmenge des Altpapiers steigt mit dem boomenden E-Commerce. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?

Tatsächlich sinkt der Anteil grafischer Papiere. Vor sechs Jahren bestand der Inhalt der Altpapiertonne zu über 60 Prozent aus Zeitungen und Zeitschriften, heute ist es noch gut die Hälfte. Wellpappenverpackungen füllen die durch den Rückgang von Print entstandene Rohstofflücke. Aus beiden Materialsorten gewinnen Papierfabriken gleichermaßen die stoffliche Basis für neue Papierprodukte. Altpapier wird allerdings nach Gewicht abgerechnet. Deshalb ist es nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch wirtschaftlich vorteilhaft, wenn Kartonagen möglichst flach oder gepresst in die Recyclingbehälter kommen.

 

Was macht für Sie den besonderen Wert des Altpapierrecyclings aus?

Ich sehe die ökologische Zukunft in der effizienten Nutzung von Sekundärrohstoffen, um die natürlichen Ressourcen – also die Primärrohstoffe – möglichst zu schonen. Das Altpapierrecycling ist in dieser Hinsicht beispielhaft: Fast hundert Prozent des gesammelten Altpapiers wird wieder zu neuen Papierprodukten verarbeitet, etwa in Form von Wellpappenverpackungen. Die stehen dann nach Gebrauch erneut als Sekundärrohstoff zur Verfügung. Das Material bleibt im Kreislauf. Davon ist Kunststoff weit entfernt.

 

Ihr Fazit: Wie kann der Stoffkreislauf des Altpapiers und der Wellpappe noch weiter verbessert werden?

Technisch und organisatorisch haben wir eine Effizienz erreicht, die kaum noch steigerungsfähig ist. Die sortenreine, getrennte Erfassung und das nahezu vollständige Verwerten als Sekundärrohstoff sind die Grundlage der ökologischen Qualität und der Wirtschaftlichkeit dieses Systems.