Die vielen Leben der Papierfaser

Einen stabilen Kreislauf haben Wellpappenverpackungen in ihren Genen: Nach Gebrauch werden sie als Rohstoff für die Herstellung von Papierprodukten aus Recyclingmaterial genutzt – auch für neues Verpackungsmaterial. Über alle Sorten hinweg besteht Wellpappe zu rund 80 Prozent aus altpapierbasierten Papieren. Die mehrfache Verwendung der aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz gewonnenen Papierfasern hilft, Energie zu sparen und Emissionen zu mindern. Dieser positive Umwelteffekt wächst mit der Anzahl der Recyclingzyklen.

 

Fasern sind 20-mal recycelbar

Neuere wissenschaftliche Arbeiten machen jetzt deutlich: Die Papierfaser ist langlebiger als man denkt: Unter Laborbedingungen können Papierfasern in der Wellpappe mindestens 20-mal ohne nennenswerten Qualitätsverlust recycelt werden. Dies stellte das bifa Umweltinstitut in seiner im Dezember 2020 veröffentlichten Studie „Nachhaltiger Papierkreislauf – eine Faktenbasis“ heraus, die im Auftrag des Verbandes Die Papierindustrie e. V. erarbeitet wurde.

 

Die noch vielfach verbreitete Faustregel, wonach Papierfasern nach sieben Recyclingdurchgängen ausgedient haben, ist damit als überholt anzusehen: „Das Recycling von Altpapier trägt wesentlich zu einem nachhaltigen Wirtschaften bei, der Rohstoff Holz wird effizient genutzt. Die Grenzen des Recyclings liegen dabei nicht in einem fortschreitenden Qualitätsverlust des Fasermaterials. Neuere Studien lassen den Schluss zu, dass Altpapierfasern wesentlich häufiger als nur sieben Mal wiederverwendet werden können, wie dies häufig angenommen wurde“, schreiben die Studienautoren.

 

Größte Veränderung bei erstem Recyclingzyklus

In ihrer Darstellung beziehen sich das bifa Umweltinstitut und der Kooperationspartner Papiertechnische Stiftung auf aktuelle Untersuchungsergebnisse, die nachweisen, dass die größten Veränderungen an der Struktur der Papierfasern beim ersten Recyclingzyklus auftreten. Durch das Trocknen des Papiers und damit der Fasern bei hohen Temperaturen kommt es zu sogenannten Verhornungseffekten, die unter anderem das Festigkeitspotenzial der Fasern reduzieren. Bei allen weiteren Recyclingzyklen allerdings treten dann keine größeren Veränderungen mehr auf.

 

Stoffkreislauf der Wellpappe „nahe am Optimum“

Professor Samuel Schabel, der an der Technischen Universität Darmstadt das Fachgebiet Papierfabrikation und Mechanische Verfahrenstechnik leitet und seit kurzem seine Expertise auch im Beirat des Forum Ökologisch Verpacken einbringt, sieht den Stoffkreislauf für Wellpappe und generell für Verpackungspapiere „nahe an einem Optimum, was die Recyclingquoten betrifft.“ Er verweist darauf, dass Wellpappe für viele Anwendungen bereits zu 100 Prozent aus Altpapier besteht. Als wichtige Voraussetzung für einen wirksamen Stoffkreislauf nennt Schabel die in Deutschland sehr gut etablierte Sammlung und Sortierung der gebrauchten Wellpappe und anderer Papierprodukte. Die Papierindustrie sei außerdem „auf einem sehr guten Weg“, den für die Papierherstellung erforderlichen Energiebedarf zu reduzieren und aus klimaneutralen Quellen zu decken.

 

Das praktizierte Wellpappenrecycling, so Schabel, ist besonders ressourcenschonend und daher nachhaltig: „Papierherstellung aus Altpapier erfordert in der Regel wesentlich weniger Energie als aus Frischfasern. Und sie braucht natürlich auch keine neuen Rohstoffe.“