„Gemeinsames Handeln schafft Nachhaltigkeit“ – Interview mit Max Thinius

Der Futurologe Max Thinius ist Leiter des Netzwerks Nachhaltigkeit beim E-Commerce-Verband bevh

Herr Thinius, wie wichtig sind Versandverpackungen aus Wellpappe für ein nachhaltiges Handeln im
E-Commerce?
Wichtig ist eine Logistik-Struktur, die mit umweltfreundlicher Verpackung umgehen kann. Komplizierte Notlösungen, um beispielsweise Mehrwegverpackungen vom Kunden wieder zum Hersteller zu bringen, sind nicht wirklich nachhaltig. Insofern ist Wellpappe eine gute Möglichkeit, den Verpackungsaufwand zu reduzieren, denn sie kann wie ein „Wrap“ direkt um das Produkt gewickelt werden und somit Volumen ebenso wie Verpackungsmaterial reduzieren. Aber nicht immer können die vorhandenen automatisierten Verpackungssysteme mit solch innovativen Verpackungslösungen Schritt halten. Aus anderen Ländern wie Finnland wissen wir, dass Wellpappe sogar als Teil eines Mehrwegsystems eingesetzt wird. Das setzt aber ein funktionierendes Zusammenspiel von Verpackung und Logistik voraus. Hier sollte mehr zusammen als nebeneinander gearbeitet werden.

Recyclingfähige Kreislaufverpackungen sind bei Online-Kunden beliebt. Warum spielen ökologische Aspekte beim Konsum eine immer größere Rolle?
Schon die älteren Generationen werden in puncto Ökologie immer konsequenter in ihren Kaufentscheidungen, bei jüngeren tritt das noch stärker auf. Eine wichtige Zielgruppe sind inzwischen die um die Jahrtausendwende Geborenen, oft „Millennials“ genannt. Sie sind umweltbewusst, online-affin und können mit nur wenigen Klicks den „Kindness-Faktor“ ermitteln, also wie freundlich ist das Produkt oder die Verpackung tatsächlich zur Umwelt. Und dann gibt es noch eine zunehmend große Gruppe sogenannter „millennial-minded“ Menschen, die zwar älter sind, sich aber ähnlich verhalten wie die Millennials. Bei diesen beiden letztgenannten Gruppen sorgen Digitalisierung und Transparenz also für Durchblick. Bei denen bleibt Umweltschutz nicht mehr irgendein anonymer Wert, sondern wird eine wesentliche Komponente ihres Lifestyles – so gelangt Ökologie mitten in den Alltag der Verbraucher. Das galt für ältere Generationen nicht; früher war die industrielle Produktion von Konsumgütern für viele Verbraucher eher eine undurchsichtige Black-Box.

Was kann der Onlinehandel außerdem tun, um die Lieferkette noch nachhaltiger zu gestalten?
Das Tracking von der Herstellung bis zur Auslieferung per transparenter Lieferkette wird hier in den nächsten Jahren eine immer größere Rolle spielen. Wir werden dann genau wissen, wo ein Produkt herkommt und welchen ökologischen oder sozialen Fußabdruck es in sich trägt. Das gilt auch für den logistischen Weg. Für den Versand ab Lager ist dann eine möglichst enge Zusammenarbeit zwischen Verpackungssystem und Logistik notwendig. Hier kann der Handel inhaltlich wie kommunikativ sicherlich einbezogen werden. Am Ende ist es einfach: Gemeinsam kommt man weiter. Mit dem Beharren auf irgendwelchen Insellösungen ist niemandem geholfen. Gemeinsames Agieren schafft Nachhaltigkeit.

Die Wellpappenindustrie hat 2017 die Initiative „Mach’s flach!“ ins Leben gerufen und engagiert sich damit für ein effizientes Recycling von Versandkartons. Was halten Sie von dieser Aktion?
Versandverpackungen möglichst flach zu machen und dann in die Recyclingtonne zu werfen ist sicherlich ein richtiger Weg, Menschen ohne großen Aufwand auf das Thema Recycling aufmerksam zu machen. Gerade offline ist das ein interessanter Kommunikationsbaustein. Millennials und Jüngere sind daher eine besonders umweltinteressierte Zielgruppe. Die recherchieren bei Bedarf schnell online den ökologischen Fußabdruck von Produkt, Verpackung und Lieferweg. Die flächendeckende Einführung einer Blockchain ist in diesem Zusammenhang besonders zukunftsträchtig. „Mach’s flach!" sollte dennoch auf keiner Recyclingtonne fehlen, denn am Ende haben alle den Ärger mit den vollgestopften Tonnen.