Gesunde Lebensmittel mögen Wellpappe
„Konsumenten wünschen eine Reduzierung von Kunststoffverpackungen zugunsten von Pappe“, fasst Dr. Kai Hudetz, Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung (IFH) Köln, die Ergebnisse einer IFH-Studie aus dem vergangenen Jahr zusammen, die sich mit Handelstrends befasst. Bereits vor Monaten konnte Hudetz feststellen, dass der Handel verstärkt ökologische Alternativen zu Plastikverpackungen nachfragt. Die gute Nachricht für die Umwelt: Dieser Trend hält an. Die Hersteller von vegetarischen, frischen oder Bio-Lebensmitteln gehen dabei voran.
So setzt der Lebensmittelhersteller Bio-Zentrale für seine neuen To-Go-Gerichte Wellpappenboxen aus Graspapier ein, die innen mit einer Folie ausgekleidet sind. Statt der herkömmlichen Kunststoffbecher oder -schalen kommen damit zum Großteil nachwachsende Rohstoffe zum Einsatz, die vollständig recycelt werden können. Der Verbraucher kann „unser Müsli’n Go ganz einfach mit Milch, Fruchtsaft, Pflanzendrink oder Joghurt zubereiten und direkt aus der Box genießen“, teilt das Unternehmen seinen Kunden mit und klärt weiter auf: „Unsere Müsli’n Go Sorten stecken in einer innovativen Verpackung – denn sie sind nicht nur praktisch, sondern auch nachhaltig.“ Bei dieser Lösung wird nicht vollständig auf Kunststoffe verzichtet, aber ihr Anteil an der Verpackung erheblich reduziert. Das passt zum Nachhaltigkeitsanspruch des Unternehmens.
„Nach dem heutigen Stand der Technik können in Deutschland, Österreich und der Schweiz 21 Prozent aller Kunststoffverpackungen durch Wellpappe ersetzt werden“, sagt Kurt Schüler, Geschäftsführender Gesellschafter der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) über die Ergebnisse einer Studie zum Substitutionspotenzial von Kunststoffverpackungen durch Lösungen aus Wellpappe. „Das entspricht in diesen drei Ländern insgesamt einer Einsparung von rund 825.000 Tonnen Plastik pro Jahr.“ Im Bereich Lebensmittel sind es dem Verpackungsexperten zufolge zwar nur 14 Prozent. Aber bei Äpfeln, Tomaten & Co können nach Erkenntnissen der GVM 64 Prozent des eingesetzten Kunststoffes durch Wellpappe ersetzt werden – deutlich über dem Durchschnitt bei Lebensmitteln insgesamt.
Ganz in diesem Sinne brachte der Verband Südtiroler Obstgenossenschaften (VOG)eine neue Verpackung für Äpfel auf den Markt. Die umweltverträgliche Schale für vier oder sechs Äpfel besteht aus Graswellpappe mit einem Anteil von 40 Prozent Gras im Papier. An Stelle einer Schrumpffolie aus Kunststoff verschließt ein Deckel aus Graspapier die Schale. „Die Pappe umschließt und schützt die Früchte einerseits und erlaubt andererseits dank ihres modernen Designs die freie Sicht auf das Produkt“, sagt Werner Castiglioni, Geschäftsführer der Biosüdtirol.
VOG-Direktor Walter Pardatscher ist ebenfalls von der Verpackungsvariante überzeugt: „Die Nachfrage nach den umweltfreundlichen Fruchtschalen ist hoch. Verpackte Ware bietet im Vergleich zu loser Ware einige Vorteile: So entstehen beim Transport und am Verkaufspunkt weniger Druckstellen und folglich auch weniger Schäden an den Früchten, was zu einer Verringerung der Lebensmittelabfälle führt.“
Auch Amidori, Hersteller von Fleischersatz-Speisen wie Veggie-Burgern und Veggie-Kebab setzt auf Wellpappe. „Wir können dadurch Rohstoffe einsparen, insbesondere Kunststoff“, sagt Michael Seitz, Process-Coordinator Production bei Amidori. Das Unternehmen reduziert mit seiner neuen „Bowl“-Wellpappen-Verpackung aus 100 Prozent Recyclingpapier die eingesetzte Kunststoffmenge um mehr als zwei Drittel im Vergleich zur Vorgängerlösung. Nur noch der Deckel und eine Innenfolie sind aus Plastik. In puncto Produktschutz und Haltbarkeit der Lebensmittel ist die Leistung der Neuentwicklung vergleichbar mit der bisherigen Verpackung.
Die kombinierte Wellpappen-Folien-Verpackung lässt sich hervorragend recyceln, weil sich die Innenfolie ebenso beschädigungsfrei von der Trägerschale trennen lässt wie von der Deckelfolie. Beide Materialien können also unkompliziert den dafür vorgesehenen Stoffströmen zugeführt werden.
Innovative Verpackungslösungen wie diese zeigen, dass der Schlüssel zur effizienten Kunststoffreduktion oft nicht im vollständigen Verzicht besteht, sondern in einer Teilsubstitution des Plastiks durch umweltverträglichere Verpackungsmaterialien – wie Wellpappe.
Bild: Biosüdtirol