Plastik reduzieren – Recycling stärken

Industrie und Handel setzen vermehrt auf nachhaltige Kreislaufverpackung

 

Was gut ist, kommt wieder. Das Prinzip Wiederverwertung gilt als wichtiger Hebel, um mit Ressourcen sorgsam umzugehen und die Klimaerwärmung einzudämmen. Gesetzliche Vorgaben sorgen in Deutschland deshalb seit Jahren für höhere Recyclingquoten – allerdings mit unterschiedlichem Ergebnis unter den Materialfraktionen. Mit 60,5 Prozent stofflichen Recyclings bilden Kunststoffabfälle das Schlusslicht. Verpackungen aus Papier, Pappe und Wellpappe gehören nach den von der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) für 2020 ermittelten Werten mit 88,1 Prozent Recycling zu den Vorreituntern der Kreislaufwirtschaft. Entsprechend wächst das Interesse von Industrie und Handel, papierbasierte Alternativen zu Kunststoffen im Rahmen ihrer Nachhaltigkeitsstrategien zu berücksichtigen.

 

Das Potenzial dafür ist groß. Wie die GVM im Rahmen einer 2019 veröffentlichten Untersuchung festgestellt hat, lässt sich jede fünfte Kunststoffverpackung durch Wellpappenlösungen ersetzen. Das entspricht einer jährlichen Einsparung von 825.057 Tonnen Plastik.

 

Klimavorteil Wellpappe

Beispiel Obst- und Gemüseabteilung des Handels: Beerenschalen oder Apfelgebinde aus Karton oder Wellpappe signalisieren schon durch ihren natürlichen Look nachhaltige Eigenschaften. Die Wissenschaft bestätigt den Augenschein. Ein ökobilanzieller Vergleich der Uni Freiburg aus dem Jahr 2020 zwischen einem Obstschälchen aus Plastik und der Wellpappenvariante ergab, dass der Lebenszyklus einer Obstschale aus Wellpappe 0,017 kg CO2-Äquivalente erzeugt, die PET-Variante dagegen 0,036 kg CO2-Äquivalente. Die Klimaeffekte einer PET-Schale sind also mehr als doppelt so hoch wie die einer Wellpappenverpackung.

 

Imagefaktor Papierverpackung

Alle großen Handelsunternehmen in Deutschland setzen in ihren Verpackungsstrategien auf Verpackungsreduzierung und Plastik-Ersatz, wo es ökologisch sinnvoll und technisch möglich ist. Sie entsprechen damit der Verbrauchererwartung, wie eine aktuelle Studie bestätigt. „Raus aus dem Plastik“ ist vor allem bei Bio-Lebensmitteln ein wichtiger Imagefaktor. So begründet der zur REWE Group zählende Discounter PENNY seine Verpackungsumstellung auf plastikfreie Verpackungen für eine Bio-Marke mit Nachhaltigkeit. Statt Plastik-Verpackungen nutzt PENNY nun Alternativen aus Pappe oder Papier, Zellulosenetze oder Banderolen und Sticker für unverpackte Waren wie Gurken.

 

Verstärktes Interesse an Plastik-Ersatz

Auch die Lebensmittelindustrie und die Hersteller von Non-Food-Artikeln haben vermehrt Interesse an papierbasierten Kreislaufverpackungen. Ob Papierverpackung für Schokolinsen bei Nestlé, Vanilleeis in der Pappschale bei Unilever oder ein Papier- statt des bislang verwendeten Kunststoff-Trays in der Keksverpackung von Bahlsen – der Trend geht hin zu mehr Stoffkreislauf beim Verpacken. Die Beobachtung bestätigt FÖV-Beiratsmitglied Prof. Samuel Schabel, der an der TU Darmstadt den Fachbereich Papierfabrikation und Mechanische Verfahrenstechnik leitet: „Die großen Unternehmen der Food-Industrie haben sich in den vergangenen Jahren mehrfach auch bei uns nach den technischen Möglichkeiten für die Plastiksubstitution bei ihren Produktverpackungen erkundigt.“ Nicht immer gehe es bei der ökologischen Verpackungsoptimierung allerdings um ein „entweder oder“. Denn auch Papierverpackungen mit Kunststoffbestandteilen seien in der Praxis häufig zu finden.

 

Praktikable und ökologisch vorteilhafte Wellpappe-Lösungen sind ebenfalls im Getränkebereich, bei Wasch- Putz und Reinigungsmitteln und im Non-Food-Sortiment auf dem Vormarsch. Die genannte GVM Untersuchung nennt als Beispiele Sixpack-Träger für PET-Flaschen oder Bag-In-Box-Lösungen für flüssige Waschmittel als nachhaltige Plastikalternativen. Für den FÖV-Generalbevollmächtigten Dr. Oliver Wolfrum weisen diese Strategien in die richtige Richtung: „Kein Unternehmen kann auf die unbestrittenen Vorteile von Kunststoff völlig verzichten. Das ist auch ökologisch gar nicht sinnvoll. Industrie und Handel suchen vielmehr nach den Stellschrauben, an denen sie ihr Nachhaltigkeitsprofil wirkungsvoll verbessern können. Dazu zählt unter anderem auch der vermehrte Einsatz von Kreislaufverpackungen aus Papier, Pappe und Wellpappe.“