„Wellpappenrecycling braucht keine Regulierung“

Von Dr. Oliver Wolfrum, Generalbevollmächtigter des Forum Ökologisch Verpacken

Man muss dem Gesetzgeber zu seinem Erfolg gratulieren. Die 1991 eingeführte und durch insgesamt sieben Novellen verbesserte deutsche Verpackungsverordnung soll „das Marktverhalten der durch die Verordnung Verpflichteten so regeln, dass die abfallwirtschaftlichen Ziele (Vermeidung, Wiederverwendung, Verwertung) erreicht und gleichzeitig die Marktteilnehmer vor unlauterem Wettbewerb geschützt werden.“ Im Weiteren verpflichtet die Verordnung Hersteller und Vertreiber von Verpackungen, Transport- und Umverpackungen einer erneuten Verwendung oder stofflichen Verwertung zuzuführen. Für Papier, Pappe und Karton schreibt die Verordnung konkret eine stoffliche Wiederverwertungsquote von 60 Prozent vor. Die gute Nachricht: Was Verpackungen aus Wellpappe angeht, ist das Ziel längst erreicht –schon bevor sich der Gesetzgeber des Themas annahm. Daher ist eine weitere staatliche Regulierung des Wellpappenrecyclings überflüssig.

Ich fordere: Wellpappe muss aus dem Geltungsbereich der Verpackungsverordnung ausgeschlossen werden. Die Argumente dafür sind leicht nachzuvollziehen. In Deutschland werden Wellpappenverpackungen nach Gebrauch im Einzelhandel, wo der weitaus größte Teil anfällt, nahezu vollständig erfasst und recycelt; was in Haushalten anfällt, gibt der Verbraucher in die Altpapiersammlung. Gebrauchte Wellpappe ist also kein „Müll“, sondern ein wertvoller Rohstoff für die Altpapiererzeugung. Papierbasierte Verpackungen verbleiben zu fast 100 Prozent im Stoffkreislauf und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Rohstoffversorgung für die Papierindustrie.

Dieser vorbildliche Stoffkreislauf funktioniert ohne staatliche Regulierung; die gesetzlich vorgeschriebene stoffliche Wiederverwertungsquote von 60 Prozent übertrifft die Wellpappenindustrie bei Weitem. Der überwiegende Teil gebrauchter Wellpappe fällt als Transport- oder Shelf-Ready-Verpackungen im Handel an; sie wird dort sortenrein in Großcontainern gesammelt und anschließend an Altpapierhändler verkauft. Papierhersteller zahlen zurzeit etwa 80 bis 90 Euro pro Tonne dafür. Gebrauchte Verpackungen sind ein begehrtes Handelsgut – darum ist das einträgliche Geschäft hart umkämpft.

Längst gibt es also einen funktionierenden Markt für die stoffliche Verwertung von Wellpappe – und den sollte man sich selbst überlassen, um überflüssige Kosten zu sparen, empfehlen Experten. Eine Studie des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), die sich mit den Liberalisierungspotenzialen bei der Entsorgung gebrauchter Verpackungen aus Papier, Pappe und Karton befasst, kam bereits 2012 zu dem Schluss, dass die Kosten der Verpackungsverordnung bei über 168 Millionen Euro liegen. Allein die Bürokratiekosten aufgrund von Informationspflichten der Unternehmen werden vom Statistischen Bundesamt aktuell mit jährlich etwa 69 Mio. Euro angegeben.

Altpapier und papierbasierte Verpackungen werden bereits seit den 50er Jahren im großen Stil gesammelt. Die Verpackungsverordnung hat sicher dazu beigetragen, die Sammel- und Verwertungsquoten von Altpapier sowie Papier, Pappe und Karton weiter zu verbessern; aber die Wiederverwertung von 80 Prozent der Verpackungen aus Papier, Pappe und Karton und sogar fast 100 Prozent von Wellpappenverpackungen machen deutlich, dass Anreize nicht mehr notwendig sind. Daher sollte der Gesetzgeber die staatliche Verwaltung und die beteiligten Unternehmen von unnötigen Kosten entlasten und künftig auf eine Regulierung des Wellpappenrecyclings verzichten.