Jede Faser ein CO2-Speicher

Faserbasierte Verpackungsmaterialien punkten nicht nur mit ihren hohen Recyclingquoten, sondern auch mit ihrer organischen Rohstoffbasis. Das ist gut fürs Klima: Wie der europäische Verband der Papierhersteller (CEPI) errechnet hat, erzielen die holzverarbeitenden Industrien Europas einen positiven Klimaeffekt von 806 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Das entspricht 20 Prozent aller Emissionen aus der Nutzung fossiler Energieträger innerhalb der Europäischen Union. Der Wert setzt sich zusammen aus der Bindung von CO2 beim Baumwachstum sowie aus den vermiedenen CO2-Emissionen aufgrund der Substitution fossiler Energieträger und Erdöl-basierter Materialien durch nachhaltige, holzbasierte Produkte.

„Beim Wachstum eines Baumes wird durch Photosynthese Kohlendioxid (CO2) in den Zellulosefasern gebunden“, erklärt Martin Angerhöfer, Professor für Verpackungstechnik an der Hochschule München. Dabei kann das Holz des Baumes mehr Kohlendioxid binden, als es selbst wiegt. Zum Wachstum benötigt eine Tonne Holz etwa 1,5 Tonnen CO2, das im Holz gebunden bleibt. Eine Faustregel lautet: Ein Kubikmeter Holz speichert eine Tonne Kohlendioxid. „Diese Bindung von CO2 bleibt im Papier, im Karton oder in der Wellpappe erhalten, bis nicht mehr rezyklierbare Fasern energetisch oder biologisch verwertet werden“, so Angerhöfer weiter. „In dieser Betrachtung sind faserbasierte Verpackungen klimaneutral.“

Dagegen tragen fossile Rohstoffe, die nach kurzer Nutzungsdauer beispielsweise in Form von Kunststoffverpackungen als Energielieferant genutzt, also verbrannt werden, erheblich zur Klimaerwärmung bei. Ein gangbarer Weg zu mehr Nachhaltigkeit ist demnach die Umstellung auf faserbasierte Verpackungen. Nach den Berechnungen der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung könnten in Deutschland, Österreich und der Schweiz über ein Fünftel des für Verpackungszwecke eingesetzten Kunststoffs eingespart werden, wenn mehr in Wellpappe verpackt würde. Das entspricht in den drei Ländern einer Plastikreduktion in Höhe von 825.000 Tonnen pro Jahr. Allein im Obst- und Gemüsesortiment könnten 64 Prozent des Kunststoffaufkommens eingespart werden – mit erheblichen positiven Klimaeffekten. Würde man PET-Obstkörbchen durch Wellpappe ersetzen, könnten die jährlichen CO2-Emissionen für die Herstellung von Obstkörbchen um 34 Prozent reduziert werden, wie Prof. Sina Leipold im Interview „Weniger schädliche Klimagase“ erläutert.

Für Experten passen diese Erkenntnisse ins Bild. „Bereits in einer Studie des niederländischen Forschungs- und Beratungsinstituts CE Delft von 2008 wurden CO2-Emissionen der wichtigsten Packstoffe ermittelt und faserbasierten Verpackungen die niedrigsten Werte in einer gesamtheitlichen Betrachtung bescheinigt“, sagt Angerhöfer. „Als Kenner der Vorteile und Potenziale faserbasierter Verpackungen kann ich deren verstärkten Einsatz für Anwendungen, die heute auf Kunststoffbasis beruhen, nur befürworten. Natürlich ist eine solche Substitution nicht in allen Bereichen möglich, es lohnt sich aber, potenzielle Anwendungsfelder zu analysieren.“

Bild: VDW