Möglichmacher Wellpappe: Wie der Lebensmitteleinzelhandel Plastik reduzieren kann

Der Handel setzt auf Plastikreduktion. Im Rahmen der Plastikstrategie der Schwarz Gruppe hat sich beispielsweise Kaufland das Ziel gesetzt, den eigenen Kunststoffverbrauch bis 2025 um 20 Prozent zu reduzieren. 2018 konnte das Unternehmen bereits 2.000 Tonnen Plastik einsparen – durch Verpackungsoptimierung und -reduktion. Die französische Einzelhandelskette Carrefour hat vor, für sämtliche Eigenmarken bis zum Jahr 2025 nur noch recyclingfähige, wieder verwendbare oder biologisch abbaubare Verpackungen einzusetzen. Das Unternehmen fragt sogar seine Kunden online nach Vorschlägen für alternative Verpackungen – mehrere hundert Anregungen sind bereits eingegangen.

 

Alternativen sind also gefragt. So hat tegut… im Oktober seine Verpackungen für Hackfleisch von Plastikschalen auf Karton umgestellt und wird damit nach eigenen Angaben weitere neun Tonnen Plastik pro Jahr einsparen. Für das Unternehmen ist diese Verpackungslösung wegweisend, da sie eine 75-prozentige Plastiksubstitution der Verpackung ermöglicht. „Aber für uns ist hier noch lange nicht Schluss“, betont ein Unternehmenssprecher. „Eine 100-prozentig kunststofffreie SB-Verpackung ist unser Ziel.“

 

Ökologische Alternativen auf Papierbasis

„Auf dem Weg der Handelsunternehmen zur vollständigen Substitution von Kunststoff durch ökologische Verpackungen können faserbasierte Materialien wie Wellpappe wertvolle Beiträge leisten“, sagt Dr. Oliver Wolfrum, Generalbevollmächtigter des Forum Ökologisch Verpacken und Geschäftsführer des Verbandes der Wellpappen-Industrie. „Dabei haben wir nicht den Anspruch, alle Kunststoffverpackungen zu ersetzen – das wäre weder sinnvoll noch effizient. Aber die tegut…-Entwicklung zeigt, in welche Richtung der Weg zur Plastikreduktion führen sollte.“

 

Wolfrum meint damit die Folienbeschichtung der Hackfleischschalen, die Transport und Lagerung von Frischwaren in papierbasierten Behältern wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll macht. „Es geht nicht darum, Plastik zu verteufeln; gerade im Food-Bereich kann der Nutzen von Kunststoffen für den Produktschutz nicht wegdiskutiert werden. Aber der Plastikanteil an Verpackungen kann signifikant sinken, indem tragende Elemente beispielsweise durch Wellpappe ersetzt werden.“

 

Obst und mehr in Wellpappe

Ein bekanntes Beispiel ist das Obstschälchen. Immer mehr Handelsunternehmen bieten im Frischeregal Beeren, Trauben und Pflaumen in Schalen aus Wellpappe an. Die Behälter mit dem polsternden Wellenprofil schützen die empfindliche Ware optimal beim Transport, da sie stabiler als Plastikschalen sind. Aufgrund ihrer guten Bedruckbarkeit ermöglichen sie gleichzeitig eine attraktive Warenpräsentation. Trotzdem kann eine Folienummantelung sinnvoll sein, um das Obst vor Feuchtigkeitsverlust zu schützen und am Herausfallen zu hindern. „Ob mit oder ohne Folie, die Schale aus Wellpappe trägt in jedem Fall erheblich zur Einsparung von Plastik bei“, sagt Wolfrum.

 

Möglichkeiten zur Reduzierung von Plastik bieten auch Verpackungen für flüssige und pastöse Lebensmittel wie Wein, Saft und Joghurt. Ökologische Alternativen in diesem Bereich können oft Bag-in-Box-Lösungen sein. Für den Kunststoffbeutel in der Wellpappenbox ist erheblich weniger Plastik erforderlich als für Flaschen, Kanister oder eimerähnliche Gefäße, die so stabil sein müssen, dass sie stehen können. „Beim Bag-in-Box-Prinzip übernimmt die äußere Hülle aus Wellpappe die Funktion, die ganze Verpackungskonstruktion zu stabilisieren – hier kann das Material seine Stärke voll ausspielen“, so Wolfrum. „In anderen Ländern sind diese Lösungen für Getränke viel verbreiteter, auch Waschmittel werden bereits in dieser Form angeboten. In Deutschland gibt es noch Luft nach oben.“

 

Weniger Plastik – aber ganz ohne geht es nicht

Teilsubstitution ist oft der Schlüssel zur sinnvollen Plastikreduzierung. Das ist zum Beispiel bei Sechsergebinden für Limonade, Bier oder Wasser der Fall, die bislang noch oft durch eine Schrumpffolie zusammengehalten werden. Diese Aufgabe kann eine Manschette aus Wellpappe übernehmen, wie es bereits bei Dosen häufig vorkommt. Für PET-Flaschen mit Mineralwasser sind Konstruktionen im Einsatz, bei denen die Flaschenhälse in einer Tragehalterung aus Wellpappe feststecken. Dabei bilden die sechs Flaschen ein stabiles Paket, das sich bequem tragen lässt.

 

Wolfrum ist sich sicher, dass nachhaltigen Kreislaufverpackungen wie Wellpappe die Zukunft gehört: „Auch im Lebensmittelbereich gibt es viele Stellschrauben, an denen verpackende Unternehmen drehen können, um Kunststoff zu reduzieren und ökologischer zu verpacken.“

 

Bild: Lorentzen & Sievers