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Einweg oder Mehrweg? Kreislauf ist der Königsweg!

Dr. Oliver Wolfrum ist Geschäftsführer des Verbandes der Wellpappen-Industrie e. V. Er erläutert, warum die Frage nach Ein- oder Mehrweg in eine Sackgasse führt und warum ein Blick auf Details unerlässlich ist.

„Die klare Trennlinie zwischen Einweg und Mehrweg besteht in dieser Form nicht mehr." Dieses nüchterne Fazit zieht das unabhängige ökologische Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (IFEU) aus einer Untersuchung, die es im Auftrag des Getränkedosen-Interessenverbandes „Beverage Can Makers of Europe" (BCME) durchgeführt hat. In der Studie ermittelten die IFEU-Experten die Umweltauswirkungen von Einweg-Dosen, Einweg-Glasflaschen, Einweg-PET-Flaschen und Mehrwegflaschen beim Transport von jeweils 1.000 Liter Bier. Das Ergebnis ist vielschichtig und differenziert aufbereitet. Statt einen „Sieger aller Klassen" zu präsentieren, konstatieren die Forscher: Mehrweg ist nicht grundsätzlich besser.

 

Mehrweg kann besser sein, muss aber nicht

Von dieser Einschätzung weichen die Fachleute des IFEU-Instituts auch nicht ab, nachdem Vertreter der Mehrweglobby reflexhaft in lärmende Schmährufe verfallen sind. „Verbrauchertäuschung pur" und „intellektuelle Zumutung" schimpfen die Lautsprecher von Umweltvereinen und Mehrweg-Stiftungen, die gerne selbst schon mal die Öffentlichkeit mit zweifelhaften Studien verwirren.

Was war passiert? Ein renommiertes unabhängiges Forschungsinstitut hatte es gewagt, die herrschende Ideologie von Mehrweg als ökologischem Königsweg in Frage zu stellen. Dieser Katechismus wird zum Beispiel vom Umweltbundesamt (UBA) unter den verschiedensten Regierungen (von Rot-Grün über Rot-Schwarz bis zu Schwarz-Gelb) undifferenziert vorgebetet: „Mit Mehrweg sind Sie auf der sicheren Seite", liest der Verbraucher auf der UBA-Website, und „Mehrweg ist die beste Lösung". Kommentarlos verlinkt das UBA auf die renommierte Öko-Website vom „Blauen Engel", auf der ungeniert für die Hersteller von Mehrwegtransportverpackungen geworben wird: Diese leisteten angeblich einen Beitrag zum Ressourcenschutz und verminderten das „Abfallaufkommen".

 

Rohstoff – nicht Abfall

Verwundert reibt man sich die Augen. Kann es denn sein, dass Umweltfachleute in Behörden und anderen Institutionen nicht wissen, dass gebrauchte Einwegtransportverpackungen – wie etwa aus Wellpappe – keineswegs Abfall sind, sondern ein wertvoller Rohstoff für die Papierherstellung?

Dass Wellpappe mit einer Recyclingquote von nahezu 100 Prozent einen vorbildlichen Stoffkreislauf aufweist – ganz ohne staatliche Regulierung? Allein die simple Unterscheidung in Einweg und Mehrweg wird dem komplexen System von effizienter Entsorgung, stofflicher Wiederverwertung und erneuter Verwendung nicht gerecht – Transportverpackungen aus Wellpappe sind daher keine Einweg-, sondern Kreislaufprodukte.

 

Versachlichung bitte!

Eine sachliche Diskussion um die Vor- und Nachteile von Einweg- und Mehrwegverpackungen in unterschiedlichen Transportszenarien ist also nicht nur wünschenswert, sondern bitter nötig. Die Wellpappen-Industrie hat in den letzten Jahren verstärkt Beiträge dazu geliefert und aktuelle Forschungsbefunde ausgewertet. So belegt eine Studie des britischen Beratungsunternehmens Ceres Logistics aus dem Jahr 2007, dass das Einwegsystem mit Wellpappensteigen nach dem Common-Footprint-Standard für Obst- und Gemüsesteigen dem Kunststoffkisten-Pooling überlegen ist. Demnach treiben sowohl die systembedingten umweltbelastenden Leerfahrten und die schlechtere Ausnutzung des Transportraums Kosten und CO2-Emissionen hoch.

Ähnliche Ergebnisse kommen aus Spanien. Die IESE Business School der Universität von Navarra hat 2008 mit einer Lebenszyklusanalyse einen Systemvergleich zwischen Kreislaufverpackungen aus Wellpappe und Mehrweg-Kunststoffbehältern durchgeführt. Das wichtigste Ergebnis: Ein vollständiger Austausch von Kunststoff-Mehrwegkisten durch Wellpappenverpackungen würde die jährlichen CO2-Emissionen, die bei Herstellung, Verarbeitung, Distribution, Einsatz und Entsorgung / Wiederverwertung der Verpackungen in Spanien anfallen, um 133.480 Tonnen reduzieren. Diese Menge entspricht dem jährlichen Kohlendioxid-Ausstoß von 78.518 Autos, die regelmäßig am Straßenverkehr teilnehmen.

Umweltexperten und Politikern möchte ich daher empfehlen, sich ernsthaft mit seriösen wissenschaftlichen Befunden zu befassen. Das wäre schon ein erster Schritt, um künftig die Einweg-Mehrweg-Debatte sachgerechter zu führen und das mantrahafte Glaubensbekenntnis vom Mehrweg als bester Lösung endgültig zu entsorgen – ohne Chance auf Recycling.

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