Gutes Klima in der Fishbowl

Ergebnisse eines Fachgesprächs mit Akteuren aus Verwaltung, Wissenschaft und Zivilgesellschaft

„Dialogveranstaltungen wie diese müsste es viel häufiger geben.“ Damit brachte Benedikt Kauertz auf den Punkt, was wohl die meisten der Teilnehmer an diesem Abend empfanden. In Sachen „klimaverträgliches Verpacken“ fehlt vielen Unternehmen, politisch Verantwortlichen und Verbrauchern Orientierung. Einen Beitrag zu mehr Klarheit bei diesem komplexem Themenfeld wollte deshalb ein digitales Fachgespräch im November leisten, veranstaltet von der Deutschen Umweltstiftung (DUS) in Kooperation mit dem Forum Ökologisch Verpacken (FÖV). Kurz zuvor hatte die DUS die Ergebnisse einer entsprechenden Befragung unter Handelsunternehmen veröffentlicht (siehe Beitrag in diesem Newsletter).

Im sogenannten Fishbowl-Format diskutierten Experten – neben Kauertz, dem beim Heidelberger ifeu Institut unter anderem für ökobilanzielle Studien verantwortlichen Ingenieur, die Direktorin Nachhaltige Produktion und Produkte, Kreislaufwirtschaft im Umweltbundesamt, Dr. Bettina Rechenberg, und Dr. Oliver Wolfrum, FÖV-Generalbevollmächtigter und Geschäftsführer des Verbands der Wellpappen-Industrie. Jeweils eine Person von den rund 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus Umwelt- und Verbraucherverbänden, Unternehmen und öffentlicher Verwaltung konnten dabei nacheinander einen Platz auf dem virtuellen Podium einnehmen.

Dem Wunsch nach mehr Austausch und Information entsprach die von mehreren Gästen geäußerte Unsicherheit über nachhaltige Verpackungslösungen – eine Unsicherheit, die auch bei den befragten Unternehmen der Handelsstudie deutlich wurde: Zwei Drittel der Befragten kann keine Auskunft zu den Klimaeigenschaften der eingesetzten Verpackungen geben. Strategien wie „weniger Verpackung, mehr Mehrweg, mehr Recycling“ entsprechend der EU-Verpackungsgesetzgebung Packaging & Packaging Waste Directive (PPWR) geben die grobe Richtung vor. Entscheidend für die Bewertung als „klimagerecht“ ist aber die wissenschaftliche Faktenlage.

Dazu erläuterte Dr. Wolfrum am konkreten Beispiel: „Klimavorteile durch Mehrweg sind nur dann zu erzielen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind: Kurze Transportwege, standardisierte Maße des Füllguts und hohe Umlaufzahlen. Für den Onlinehandel hat das bifa Umweltinstitut im Jahr 2022 ermittelt, dass Mehrweg-Kunststoffverpackungen im Vergleich zu Wellpappenverpackungen erst nach 63 Wiederverwendungen Vorteile bei Treibhausgasemissionen hätten – ein Wert, der in der Praxis kaum zu erreichen ist.“ Auch Verpackungsreduzierung müsse wohl bedacht sein: „Es darf nicht außer Augen geraten, dass die Verpackung eine wesentliche ökologische Aufgabe zu erfüllen hat: Den Schutz und die Transportfähigkeit der verpackten Ware. Der CO2-Fußabdruck der transportierten Produkte ist um ein Vielfaches höher als der ihrer Verpackungen“, so Dr. Wolfrum

Große Übereinstimmung im Fachgespräch zeigte sich beim Ziel der Reduzierung von Einweg-Kunststoffverpackungen. Insbesondere das Littering, also die Verschmutzung der Umwelt durch Plastikmüll, müsse dringend gestoppt werden. Ob PPWR, Zertifikatehandel, wie im November auf der UN-Konferenz im südkoreanischen Busan ohne Ergebnis verhandelt, oder ein mögliches Steuersystem, das umweltverträgliche Verpackungen bevorzugt – die Experten in der Fishbowl der Deutschen Umweltstiftung nannten eine Reihe konkreter politischer Regelungen und Forderungen, um die Plastikflut einzudämmen. Ausschlaggebend sei am Ende aber der verantwortliche Umgang der Unternehmen und ihrer Kundinnen und Kunden mit Verpackung. Ist beispielsweise die von Händlern bei bestimmten Produkten angebotene Substitution durch papierbasierte Verpackung wie Wellpappe eine sinnvolle Alternative, so die skeptische Nachfrage einer Teilnehmerin. Dazu Dr. Wolfrum: „Verpackungspapiere werden in Deutschland nur aus Recyclingmaterial hergestellt. Der geringe Anteil an Frischfasermaterial, der darüber hinaus benötigt wird, stammt aus Bruch- und Durchforstungsholz.“

„Klimaverträglich verpackt?“ In der Fishbowl wurde die Vielfalt des Themas deutlich: Wie recyclingfähig sind Verbundverpackungen aus Papier, die mit wasserabweisenden Kunststoffen beschichtet sind? Wie können verbesserte Sammelstrukturen für die Erfassung von Wertstoffen geschaffen werden? Wie können Unternehmer und Verbraucher besser informiert werden? Was kann der Handel tun? Zu diesen und vielen weiteren Fragen konnte das Panel Auskunft geben oder Position beziehen. Der Mitveranstalter FÖV zeigte sich in seinem Engagement bestätigt: „Wir sind davon überzeugt: Kreislaufwirtschaft ist ein wichtiger Eckpfeiler für klimagerechtes Verpacken. Mit Veranstaltungen wie diesem Fachgespräch wollen wir im FÖV den Dialog dazu voranbringen. Damit und über den Austausch mit unserem unabhängigen Expertenbeirat erhält die Wellpappenindustrie wertvolle Impulse, um Verbesserungspotenziale ihres Stoffkreislaufs zu heben“, so Dr. Wolfrums Fazit.