Zweite FÖV-Konferenz: Ziele gemeinsam erreichen – Stoffkreisläufe stärken

„Der Verbraucher möchte umweltverträgliche Verpackungen und glaubt, dass Mehrweg ökologisch die beste Lösung  ist,“ sagte Dr. Heike Schiffler, Cluster Leader Environment Europe & Central Asia bei Tetra Pak, auf der Podiumsdiskussion „Vorteil Recycling –  Ist die Einweg/Mehrweg-Diskussion überholt?“, die das Forum Ökologisch Verpacken am 4. November 2014 im neuen Knowledge Center von GS1 Germany in Köln veranstaltete. Insbesondere für den Getränkesektor, der das Thema maßgeblich prägt, wies Schiffler darauf hin, dass man zum Beispiel bei der wichtigen Frage der Umlaufzahlen für  Mehrweg noch immer auf „modellhafte Betrachtungen“ der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung aus dem Jahr 1996 angewiesen sei. Schifflers Einschätzung: „Ob Mehrweg wirklich  auch heute noch einen Umweltvorteil hat, wissen wir nicht mit Sicherheit.“ Schiffler forderte, dass alle Wettbewerber auf dem Verpackungsmarkt aktuelle Zahlen bereitstellen und die Berechnungsgrundlagen erweitert werden. „Zum Beispiel wird der Aspekt der nachwachsenden Rohstoffe in den gängigen Bilanzmodellen gar nicht berücksichtigt.“

 

Neue Modelle

Einen fakten-basierten Ansatz bei der ökologischen Betrachtung von Verpackungen verlangte auch Marion Sollbach, Leiterin Nachhaltigkeit bei Galeria Kaufhof und Vorsitzende des Umweltausschusses des Handelsverbands Deutschland. „Man sollte die Bewertung  aktualisieren und an neue Rahmenbedingungen anpassen“, sagte Sollbach. „Eine Studie im Auftrag von HDE und BVE hat ermittelt, dass in dem Kalkulationsmodell, das der derzeitigen Bewertung zugrunde liegt, beispielsweise die Umlaufzahlen von Mehrweg häufig zu hoch und die Transportdistanzen zu niedrig angesetzt werden. Darum appelliere ich an die Politik, solche Dinge regelmäßig zu überprüfen.“

 

Kreislaufverpackung Wellpappe

Thomas Gissler-Weber, Geschäftsführender Gesellschafter des Wellpappenherstellers Gissler & Pass, griff die Wirkung der öffentlichen Wahrnehmung auf und lenkte den Blick auf das wichtigste Material für Transportverpackungen. „Wellpappe mit dem Einweg-Etikett zu versehen, das im Getränkebereich ein schlechtes Image hat, ist irreführend. Denn Wellpappe wird aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt und nahezu vollständig recycelt – eine echte Kreislaufverpackung“, sagte Gissler-Weber. Die offensichtlichen ökologischen Vorteile nutzten nach Aussage des Verpackungsexperten auch Handelsunternehmen, um ihre ökologische Positionierung zu untermauern. „Die Wellpappenbranche verzeichnet eine verstärkte Nachfrage nach ökologischen Zertifizierungen – Aldi interessiert sich derzeit sehr für die Herkunft der Rohstoffe faserbasierter Verpackungen.“

 

Die Bedeutung des Kreislaufwirtschaftsprinzips für die Politik bestätigte Dr. Thomas Rummler, Ministerialdirigent im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. „Ich stimme darin überein, dass diese Diskussion nicht auf Getränkeverpackungen verengt werden darf“, so Rummler. „Es geht um mehr – es geht um Ressourcenschutz, zunächst um Abfallvermeidung und dann auch darum, Stoffkreisläufe zu stärken.“ Rummler bestritt, dass die Politik einseitig Mehrweg bevorzuge und verwies darauf, dass Pfand in der Praxis für Einweg- als auch Mehrweg-Getränkeverpackungen gelte. Er bekräftigte die Vorteile des Altpapierkreislaufs: „Papier und faserbasierte Verpackungen wurden schon immer gesammelt, aber mit Einführung des Grünen Punktes wurde diese Entwicklung in den letzten 20 Jahren enorm verstärkt. Papier steht für einen der ursprünglichsten Materialkreisläufe – und das soll fortgesetzt werden.“

 

Kooperation für Nachhaltigkeit

Timothy Glaz, Leiter Corporate Affairs von Werner & Mertz, erweiterte die Perspektive für Stoffkreisläufe auf andere Materialfraktionen. „Wir setzen auf Kreislaufverpackungen, die sich hochwertig recyceln lassen und im Recyclingkreislauf keine Spuren hinterlassen.“ Das gelte für die PET-Rezyklat-Initiative für Frosch-Produktverpackungen ebenso wie für die Transportverpackungen aus Wellpappe. Glaz stellte fest, dass die Einweg/Mehrweg-Diskussion zu oft Gräben zwischen den Beteiligten aufreiße und plädierte für übergreifende Kooperationen. „Ich bin davon überzeugt, dass einige Dinge auch außerhalb des Wettbewerbs betrieben werden können – und Nachhaltigkeit gehört dazu. In diesem Bereich sollten wir versuchen, übergeordnete Ziele gemeinsam zu erreichen.“