„Wir denken in Kreisläufen“

Interview mit Timothy Glaz, Leiter Corporate Affairs von Werner & Mertz

Auf der Zweiten Konferenz des Forum Ökologisch Verpacken bei GS1 Germany in Köln wurden die generellen Umweltvorteile von Mehrwegsystemen angezweifelt. Wie schätzen Sie das ein?

Mehrweg ist sicherlich nicht grundsätzlich überlegen. Ich bin davon überzeugt, dass uns in der Einweg/Mehrweg-Debatte Schwarzweißdenken nicht weiterführt. Eine aussagekräftige Bewertung von Verpackungssystemen hängt von den Rahmenbedingungen ab. Eine komplexe Betrachtung ist erforderlich, die zahlreiche Faktoren angemessen berücksichtigt – zum Beispiel die Umlaufhäufigkeit von Mehrwegverpackungen.

 

Wie bewerten Sie unter Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit Verpackungen aus Papier, wie zum Beispiel Wellpappe?

Wellpappe hat ideale Voraussetzungen, um die Anforderungen der Nachhaltigkeit zu erfüllen: Sie wird aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt, bindet CO2, wird fast vollständig recycelt und kann sich dabei auf ein bewährtes, gut funktionierendes Sammelsystem stützen. Wir setzen sie als zuverlässiges, stabiles Material für unsere Transportverpackungen ein und werden das sicher auch in Zukunft tun. Mehrwegbehälter etwa als Ersatz für Wellpappe sind für uns keine Option; es gibt keine nachhaltige Alternative zu Transportverpackungen aus Wellpappe.

 

Werner & Mertz setzt auf Kreislaufverpackungen. Warum sind Stoffkreisläufe zukunftstauglich?

Kreisläufe müssen drei Anforderungen genügen, wenn sie nachhaltig sein sollen. Sie müssen Ressourcen schonen, Verbrauchererwartungen erfüllen und – ganz wichtig – kosteneffizient sein. Ein Kreislaufsystem muss sich selbst tragen, das heißt das Rezyklat sollte günstiger sein als der ursprüngliche Rohstoff. Ich halte es für entscheidend, dass am Ende einer Recyclingkette ein hochwertiges Ergebnis steht, das zur Wertschöpfung beiträgt.

 

Verpackungen auf Papierbasis sind Teil eines Stoffkreislaufs, der oft als vorbildlich bezeichnet wird. Inwiefern kann er andere Materialfraktionen inspirieren?

Inspirierend ist die Idee, sogenannte Abfälle als Rohstoffe zu betrachten, die einen Beitrag zum Wertschöpfungsprozess leisten. Beim Kreislauf des Papiers funktioniert das gut, weil der Rohstoff homogen ist und bereits bei der Sammlung sortenrein erfasst wird. Die hochwertige Aufbereitung von Gelber-Sack-Materialien, die Teil unserer PET-Rezyklat-Initiative ist, ist technisch anspruchsvoller, weil der Rohstoff sehr viel heterogener ist. Unsere große Herausforderung ist es, die Materialkomplexität zu reduzieren.

 

Sie fordern alle Markteilnehmer zur Zusammenarbeit auf, um nachhaltige Lösungen für die Zukunft zu finden. Wie könnte eine solche Kooperation aussehen?

Der Recyclingvorgang sollte bereits beim ersten Einsatz des späteren Recyclingmaterials mitgedacht werden. Im Rahmen unserer Rezyklat-Initiative setzen wir uns mit Einzelhandel und Zulieferern an einen Tisch um festzustellen, welche Anforderungen alle an der Lieferkette des Handels Beteiligten an Produkte und Verpackungen stellen. Ziel ist es, aus dem Rohmaterial des Rezyklats Stoffe herauszuhalten, die eine spätere Wiederverwertung erschweren. Das Forum Ökologisch Verpacken bietet ebenfalls eine Plattform, um solche Kooperationen zu starten.