Drei Fragen an Dr. David Bosshart zur Zukunft des Verpackens

Dr. David Bosshart ist seit 1999 CEO des renommierten Gottlieb Duttweiler Institutes für Wirtschaft und Gesellschaft in Zürich. Der Bestseller-Autor und Forscher ist ein international gefragter Experte. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten zählen der Wandel von Werthaltungen in der Gesellschaft und die Zukunft des Konsums.

Im Interview spricht Dr. Bosshart (GDI) über die zukünftigen Veränderungen in der Konsumlandschaft. Er beschreibt die immer komplexer und kleinteiliger werdenden Prozesse, die in den Menschen den Wunsch nach etwas Einfachem und Authentischem wecken. So wird die ökologische Qualität von Produkten oder Dienstleistungen in Zukunft zu einem noch wichtigeren Kriterium für die Kaufentscheidungen. Auf der anderen Seite sieht Bosshart die Tendenz, immer direkter und zeitnaher auf die Bedürfnisse der Konsumenten einzugehen. Für Bosshart stellt sich dabei eine zentrale Frage: Wie lässt sich bewusster Konsum, der auch Verzicht heißen kann, zumindest aber verantwortungsvoller Umgang mit Rohstoffen bedeutet, umsetzen?

Das GDI hat zusammen mit KPMG eine Studie mit dem Titel „Die Zukunft des Einkaufens“ veröffentlicht. Darin heißt es, dass sich die Versorgung dem ent-strukturierten Alltag der Menschen anpassen muss. Nötig sei dafür ein noch höheres Maß an Flexibilität bei Bestellungen, Lieferungen und Abholorten. Welche Anforderungen an Verpackungen sind damit verbunden?
Verpackung ist Hardware, und Hardware wird zur Funktion der Software. Software – also Abläufe und Datenmanagement – steht im Dienste der Echtzeitwünsche der Konsumenten. Dazu zählen sicherlich Flexibilität und Schnelligkeit, zugeschnitten auf die momentanen Bedürfnisse der Verbraucher. Die Hardware wird selbstverständlich: minimaler Abfall, Beitrag zur Energieeffizienz, die Qualitäten des Produktes optimal unterstützend. Und vergessen Sie nicht: genauso wie das Produkt immer transparenter wird, wird es auch die Verpackung. Innovationen definieren sich immer mehr über die aktuell richtige Umsetzung von Nachhaltigkeit. Der proaktive Dialog mit Trendsettern soll also kontinuierlich stattfinden, denn deren Meinung ist der Standard von morgen.

Emotionalisierung des Konsums und Nähe zum Verbraucher sind laut der Studie entscheidende Punkte, mit denen der Lebensmitteleinzelhandel auch in Zukunft Kunden gewinnen kann. Welche Rolle werden papierbasierte Verpackungen und Displays dabei spielen?
Sie bleiben der stille, aber unerlässliche Helfer im Hintergrund. Verpackung muss praktisch und ökotechnisch auf der Höhe der Zeit sein. Das Display soll die Qualität der Produkte hervorheben. Emotionalisierung heißt, dass das Herz und der Verstand des Konsumenten angesprochen werden, also ohne große Erklärungen positive Gefühle erzeugen. "Likeability" ist das Trendwort. Da mit der Technisierung – und auch den Anforderungen an Nachhaltigkeit – die Produkte und die Verpackung komplexer werden, gibt es eine größere Sehnsucht nach dem Konkreten, also dem Einfachen, Verständlichen. Überzeugende Kommunikation von Mehrwerten ist daher zentral.

Nachhaltiger Konsum ist zu einem wichtigen Thema in der breiten Öffentlichkeit geworden. Welche Eigenschaften sollten Verpackungen im Hinblick auf Ressourcen und Klimaschutz haben? Welchen Beitrag leisten Stoffkreisläufe wie bei papierbasierten Verpackungen?
Recycling, Upcycling und alles, was gesamtheitlich betrachtet die Energieeffizienz steigert, sind positive Ansätze. Denn es fördert den bewussten Konsum statt das "mehr vom selben". Letztendlich heißt das auch: Wie leben wir besser mit tendenziell weniger Konsum/Abfall? Niemand braucht dreimal Fleisch am Tag, aber zwei oder dreimal die Woche bessere Fleischqualität ist vernünftig. Wenn man/frau jeden Tag Champagner trinken kann, wird aus einem speziellen Produkt eine Banalität, für das die Wertschätzung fehlt und damit die Bereitschaft, einen vernünftigen Preis zu zahlen. Gute Verpackung soll also nachhaltig die Wertschätzung für ein Produkt steigern.

 

In der aktuellen Ausgabe von GDI Impuls finden Sie den themenverwandten Beitrag „Die Zukunft des Einkaufens. Perspektiven des Lebensmitteleinzelhandels im Spannungsfeld von Logistik und Emotion“ von Stephan Fetsch und Detlef Gürtler. Das Magazin des Gottlieb Duttweiler Institutes erscheint viermal im Jahr und widmet sich in jeder Ausgabe einem aktuellen Themenschwerpunkt.