Kreislauf stärken

Editorial von Dr. Oliver Wolfrum* in der Ausgabe Wellpappe EXTRA Nr. 6 der Aktuellen Papier-Rundschau

Jetzt haben sie also wieder getagt. Diesmal in Doha, der Hauptstadt von Qatar, einem märchenhaft reichen Golfstaat, dessen Wohlstand  aus Förderung und Verkauf von Erdöl stammt. Man könnte es böswillig Zynismus nennen, wenn das seit nunmehr 20 Jahren andauernde Ringen der internationalen Gemeinschaft um Reduzierung des CO2 -Ausstoßes ausgerechnet dort zu Ergebnissen führen soll, wo das Verbrennen fossilen Kohlenstoffs wichtigste Geschäftsgrundlage ist.

Andererseits ist die Entscheidung für diesen Konferenzort  auch als Ausdruck eines nüchternen Realitätssinns zu werten. Denn allen Nachhaltigkeitsbemühungen zum Trotz stillt eine wachsende Weltbevölkerung ihren Rohstoff- und Energiehun­ ger eben immer noch ganz überwiegend mit Kohle, Öl und Gas. Die erforderlichen Veränderungsprozesse, um den Raubbau an diesen endlichen Rohstoffen zu stoppen, können  unmöglich allein auf politischen Vereinbarungen gründen. Bei 190 Staaten mit sehr unterschiedlichen Interessen müssen Erwartungen an international rechtsverbindliche Regelungen, die einen tatsächlichen Einfluss auf das Weltklima haben, zu Enttäuschungen führen. Das Thermometer lügt nicht. Und es zeigt weiter nach oben.

In vielen Industrienationen – allen voran Deutschland – bewerten Verbraucher Verpackungen  nicht nur nach ihrem Gebrauchswert, sondern auch nach ihren ökologischen  Eigenschaften. Dabei schneiden in Verbraucherumfragen solche Verpackungen besonders gut ab, die erwiesenermaßen recyclingfähig und deshalb besonders umweltverträglich sind. Ganz oben in der Verbrauchergunst stehen Verpackungen  auf Papierbasis. Das Wissen über die Recyclingfähigkeit von Papier hat sich spätestens seit der Einführung eines flächendeckenden Sammelsystems etabliert.

Papier-, Karton- und Wellpappenverpackungen gelten zu Recht als ressourcenschonend und ökologisch vorteilhaft. Ihre Hersteller sind davon überzeugt, dass es sich lohnt, das zugrunde liegende Produktions-  und Verwertungsprinzip zu stärken und auszubauen. Unsere Branche hat sich deshalb entschlossen, das Thema Kreislaufwirtschaft in die Klimadiskussion einzubringen und mit Experten aus Politik, Wissenschaft, Umweltverbänden und anderen Branchen über die Zukunftsperspektiven zu sprechen.

Die auf der diesjährigen FachPack in Nürnberg gegründete Initiative "Forum Ökologisch Verpacken (FÖV)" plant ab 2013 die deutliche Intensivierung des Dialogs aller Marktteilnehmer. Schon bei den ersten Zusammenkünften des externen Beratergremiums hat sich bestätigt, dass die Wertschätzung für  den Stoffkreislauf nicht nur bei Industrie und Handel, sondern  auch in der breiteren Öffentlichkeit hoch ist. So formulierte der Präsident der Deutschen Umweltstiftung, Jörg Sommer, aus Anlass der FÖV-Gründung: „Wellpappe hat das Potenzial, das erste klimaneutrale Verpackungsmaterial zu werden.“ Für mich ein ermutigendes Signal von Nürnberg nach Doha.

* Dr. Oliver Wolfrum ist Geschäftsführer des Verbands der Wellpappen-lndustrie (VDW), Darmstadt